Was ist (m)ein Produkt?
Marisa Silaban
9/27/20254 min read


Die wenigsten von uns starten auf der grünen Wiese mit einem brandneuen Produkt. Oft stoße ich in Kontexte, in denen schon Produkte existieren, Verantwortlichkeiten gewechselt haben und… plötzlich ist unklar:
👉 Was ist eigentlich das Produkt?
👉 Wie kann man es schneiden?
👉 Und gehört es inhaltlich zu etwas Größerem?
Wenn ich Produktverantwortliche frage, was sie eigentlich „ownen“, höre ich oft vage Antworten. Dabei ist genau diese Klarheit entscheidend, um den eigenen Circle of Control (und Influence) zu verstehen – und nicht ständig in Diskussionen zu versinken, die außerhalb des eigenen Wirkungsbereichs liegen. Nur wer sein Produkt klar definiert, kann gute strategische Entscheidungen treffen.
1️⃣ Was ist (wirklich) ein Produkt?
Es gibt unzählige Definitionen. Mein Favorit stammt von Melissa Perri aus ihrem Buch "Escaping the Build Trap":
👉 Ein Produkt ist ein Vehikel von Wert, das den Wertaustausch zwischen Kunden und Unternehmen gewährleistet.
Quelle: Escaping the Build Trap


2️⃣ Wie kann ein Produkt geschnitten werden?
Oft höre ich: „Okay, klingt alles super, aber wie übertrage ich das jetzt in meinen Alltag?“
🤯 Sind Komponenten ein Produkt?
🤯 Sind IT-Assets Produkte?
🤯 Sind Daten ein Produkt?
👉 Jeff Patton gibt die geniale Antwort: Alles ist ein Produkt.
Er beschreibt einen Lastwagen, der aus vielen kleinen Teilen besteht. Jede Schraube ist ein Produkt – ein Teilprodukt des größeren Produkts.
„Large products are composed of smaller products. Decompose your larger products to identify the smaller products that make them up.“ — Jeff Patton
Der Gedanke von Wert für Kund:innen und Nutzer:innen steht für das Gesamtprodukt. Das Gesamtprodukt wiederrum besteht aus vielen Teilprodukten, um insgesamt den Wert zu erbringen. Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, das Gesamtprodukt nicht wie das Produkt selbst zu nennen, sondern den Wert, positiv konotiert, auf Papier zu bringen.
Beispiel aus meiner Praxis: Eine App in der ich eine Versicherung abschließen oder verwalten kann, liefert allein nicht genug Wert. Ich brauche immer noch die Versicherung selbst.
3️⃣ Welche Produkt-Typen gibt es?
Auch hier hat Jeff Patton brillante Arbeit geleistet. Er unterscheidet fünf Produkt-Typen – oder sechs, wenn man Hybride mitzählt 😅.
I. End Products (Endprodukte)
Mit Blick auf die Unternehmenswebseite und in das “Schaufenster” wird schnell klar, welche Endprodukte das Unternehmen vermarktet und verkauft. Das können jegliche Arten von Produkten sein. Angefangen von digitalen Produkten, wie eine App, eine Dienstleistung, ein Kredit bis hin zu einem physischen Produkt, wie ein Buch.
II. End-Customer Enabling Products (Endkunden-unterstützende Produkte)
Endkunden-unterstützende Produkte sind keine eigenständigen Umsatzbringer, sondern Hilfsmittel, die Kunden helfen den Wert ihrer eigentlichen Produkte besser auszuschöpfen. Beispiele sind Webseiten, um Services abzuschließen oder Produkte zu kaufen sowie Apps, die Kunden weiterführend unterstützen und über den Kauf hinaus gehen: Sie generieren keinen direkten Umsatz, steigern aber den Kundennutzen und damit den Geschäftswert. Entscheidend ist, solche Angebote wie Produkte zu betrachten – mit Fokus auf Nutzer, Ergebnisse und deren Beitrag zum Unternehmenserfolg.
III. Employee Enabling Products (Mitarbeiter-unterstützende Produkte)
Mitarbeiter-unterstützende Produkte (z. B. Callcenter-Software) helfen Angestellten, Kunden effizienter und besser zu bedienen. Sie steigern sowohl Effizienz (schneller arbeiten), als auch Effektivität (bessere Ergebnisse, zufriedenere Kunden...).
IV. Product Team Enabling Products (Produkt Team-unterstützende Produkte)
Produkte zur Unterstützung von Produktteams (z. B. APIs, wiederverwendbare Komponenten oder Dienste, Plattform) verhindern Doppelarbeit, indem sie zentrale Funktionen bereitstellen, die mehrere Teams benötigen. Sie richten sich an Entwickler in anderen Teams und ermöglichen es, schneller und effizienter Produkte für Endkunden und Mitarbeiter zu bauen. Erfolg wird daran gemessen, ob die Services genutzt werden, wie leicht sie zu erlernen sind und welchen Geschäftswert sie bringen.
V: Partner Enabling Products (Partner-unterstützende Produkte)
Partner-unterstützende Produkte (z. B. Plattformen, APIs) ermöglichen es externen Partnern, eigene Anwendungen auf Basis der Funktionen des Produktes zu entwickeln. Das steigert Reichweite und Umsatz – wie das Beispiel Salesforce zeigt. Nutzer sind Entwickler und Kunden sind die Partnerunternehmen. Der Erfolg wird daran gemessen, ob die Plattform genutzt wird, welche Services gefragt sind und wie gut Partner damit Anwendungen für Endkunden entwickeln können.
VI. Hybrid Products (Hybride Produkte)
Hybride Produkte vereinen mehrere Produkt-Typen in einem einzigen Produkt. Das erhöht den Wert, macht das Management aber komplexer, da unterschiedliche Nutzende und Kunden mit unterschiedlichen Bedürfnissen berücksichtigt werden müssen.
Zusammengefasst eine Gegenüberstellung der sechs Produkt-Typen:


4️⃣ Welche Methode kann ich für die Definition von Produkt(en) anwenden?
Eine bewährte Methode stellt das Product Field dar (https://productfield.com/de). Auf einem digitalen Whiteboard kann man ein Product Field für das Gesamtprodukt erstellen. "Solution" besteht aus mehreren Teilprodukten. Jedes Teilprodukt kann anders farbcodiert werden und dafür dedizierte Product Fields generiert werden. Falls wenig Zeit vorhanden ist, kann man erst einmal nur die Bereiche ausfüllen, die für die Fragestellung Relevanz besitzen.
Wer es gerne möglichst einfach halten möchte, kann ähnlich wie ich vorgehen. Die Darstellung verdeutlicht: Je weiter ich nach rechts gehe, desto größer wird die Entfernung zum Endkunden. Umso wichtiger ist es zu begreifen, was der eigene Beitrag dazu ist, um den Endkunden den gewünschten Wert liefern zu können.


5️⃣ Warum ist es wichtig das Produkt zu definieren?
Das Schöne: Auch Teams, die „weit weg vom Endkunden“ arbeiten und sich eher als Tech-lastige Einheit bezeichnen würden, erkennen dadurch, dass sie Teilprodukte verantworten – mit echten Nutzenden, die Wert daraus ziehen.
✨ Die Vorteile liegen klar auf der Hand, wenn du dein Produkt definierst:
Fokus auf deinen Circle of Control (Influence)
Klarheit, wer dein Produkt nutzt und/oder kauft
Überblick über das Gesamtprodukt und seine Teilprodukte
Eine Grundlage für bessere, strategische Entscheidungen
👉 Ausblick
Jetzt wissen wir: Was ist ein Produkt?
Im nächsten Beitrag gehe ich auf Produktdenken (Product Thinking) ein – und warum diese Denkweise entscheidend ist, um am Markt erfolgreich zu sein.
🙏 Und noch was...
Danke für deine Zeit und fürs Lesen.
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Marisa Silaban
Coaching und Beratung für Produktentwicklung und -management
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